Ohne Kitt brechen Teams auseinander

Erst letzte Woche berichtete eine Teilnehmerin aus einem Führungskräfteseminar von der schwierigen Situation in ihrem Team. Durch das Arbeiten im Homeoffice während der letzten 18 Monate haben sich die Mitglieder nur ganz selten gesehen. Viele schalten sogar in den täglichen Morgenrunden lieber ihre Kamera gar nicht erst ein: Sie seien nicht ordentlich angezogen oder frisiert, das wollten sie ihren Kollegen nicht antun…Die Distanz zwischen den Einzelnen wächst.

Die Führungskraft fühlt sich hilflos – obschon sie deutlich gemacht hat, dass sie es besser fände, wenn sich alle sehen könnten. Auch mit dem Gefühl einiger Teammitglieder, dass der Kollege, der auch schon vorher eher wenig getan hätte, nun noch weniger leisten würde, fühlt sie sich überfordert:

Wie bespricht man solche Sachen über Video? Welche Mechanismen sind da, um individuelle Leistung wirklich einschätzen zu können? Und woran liegen etwaige Minderleistungen überhaupt – ist es die Mehrfachbelastung durch Homeschooling, evtl. beengte Verhältnisse, die emotionale Belastung durch die soziale Distanz – oder doch einfach das Ausnutzen der größeren persönlichen Freiheit auf Kosten der anderen?

Spontane, sich nicht auf ein spezifisches Anliegen beziehende Kommunikation macht einen Großteil der Interaktion im Arbeitsalltag aus – wenn die Kolleg*innen gemeinsam in einem Büro arbeiten!

In verteilten (remote) Teams, findet diese jedoch nicht statt – es sei denn, es wird bewusst Zeit und Raum dafür geschaffen.

Ohne diese Interaktion fehlen aber die Momente, die uns miteinander verbinden und so Verständnis und damit Vertrauen schaffen: Die Bemerkung über den Besuch bei den Eltern im Seniorenheim und deren Schwierigkeiten mit dem Mangel an Kontakten. Die Geschichte über den Frust des Kindes mit Online-Unterricht und Selbststudium. Die Hoffnung, in den Sommerferien an den Strand in Urlaub fahren zu können. Die Freude, an der Euro 2020, Tour de France oder Olympia über Fernsehen teilnehmen zu können. Diese Erlebnisse und Erfahrungen verbinden uns mit dem anderen, lassen und teilhaben an seinem Leben.

Wo der Verbindungskitt fehlt, entsteht Spaltung. Spaltung kreiert Raum für Fantasie und falsche Annahmen. Diese können dann aber durch den wenigen Kontakt auch nicht widerlegt werden!

Corona hat diese Spaltung auf vielen Ebenen der Gesellschaft verstärkt: Die großen Online-Unternehmen, welche ihre Umsätze vervielfacht haben, gegen die Einzelunternehmer, kleinen Betriebe oder Gastronomie, die starke Umsatzeinbrüche erlitten haben. Diejenigen, die von zuhause aus weiterarbeiten konnten, gegen die, welche ihre Arbeit verloren haben. Jene, die sich impfen lassen wollen und keinen Termin bekommen, gegen Impfskeptiker, die am Nutzen zweifeln.

Aber auch der Verlust von Freundschaften oder Freude und Produktivität bei der Arbeit kreiert Spaltung. Mistrauen und Konflikte zwischen Arbeitskollegen, die sich kaum noch sehen und wenig unterhalten, haben in den letzten Monaten stark zugenommen.

Sprechen Sie also gerade jetzt – auch unterschwellige – Konflikte an. Lassen Sie sie moderieren, wo nötig – aber verlieren Sie sie nicht aus den Augen! Ein Telefonat oder Videogespräch ist immer noch besser als die Augen zu verschließen: Denn Spaltung und Konflikt leben da weiter und wachsen, wo sie nicht aufgedeckt werden.

Es ist höchste Zeit, den Fokus bewusst auf Gemeinschaft und Gemeinsamkeit zu legen:

Nehmen Sie sich Zeit für Ihr Team, Ihre Kolleg*innen, Geschäftspartner*innen und Kunden! Schaffen Sie aktiv Möglichkeiten für schöne gemeinschaftliche Erlebnisse, Austausch und gemeinsames Tun – wenn nötig, auch online!

Von Online-Team-Aktionen, über Outdoor-Teamtage bis zu Team-Workshops unterstützen die verschiedenen Formate jedes Team in seiner spezifischen Situation.

Sorgen Sie dafür, dass ihre Mitarbeiter*innen oder Geschäftspartner*innen unbeschwerter in den Sommerurlaub gehen können – und gerüstet sind für das neue Arbeiten mit mehr Homeoffice, Videomeetings und weniger spontaner Interaktion in der Teeküche!

Bleiben Sie gesund!