Leisten Menschen wirklich immer Widerstand gegen Veränderungen?

Immer wieder wird beim Veränderungsmanagement gesagt, Menschen leisten von Natur aus Widerstand gegen Veränderungen. Sie bräuchten deswegen Zeit und man müsse einen langen, mühseligen Weg gehen.

Das ist so nicht wahr!

Wir sehen jetzt in der Corona-Krise, wie schnell Millionen von Menschen neue Verhalten annehmen. Sie haben die Art ihrer Arbeit geändert: Homeoffice, Telkos, flexible Zeiten. Sie haben ihre Freizeit verändert: soweit wie möglich draußen – aber mit Abstand, Yoga zuhause mit YouTube anstelle in der Gruppe, Telefon- oder Videogespräche, anstelle sich in einer Kneipe zu treffen.

Veränderung braucht Zeit – oder Relevanz?

Die Veränderungen geschahen alle in wenigen Tagen und Wochen. Wie schnell oder radikal ein Mensch sein Verhalten ändert, hängt im Wesentlichen davon ab, wie relevant es erscheint:

Veränderung ist hoch relevant, wenn man sich eine sofortige positive Auswirkung verspricht (oder drohenden Schaden abwenden will). Ist eine positive Auswirkung nicht wirklich zu spüren oder liegt sie in ungewisser Ferne, fällt es schwer, sich zu verändern.

Beispiele:

Wir hoffen, dass wir durch unser „Social Distancing“ weder uns noch andere anstecken. Für die meisten ist das sehr wichtig, deswegen halten sie sich jetzt daran.

Sind wir frisch verliebt und wollen dem oder der anderen gefallen, achten wir plötzlich besonders auf unser Aussehen oder Benehmen.

Anstrengungen müssen „belohnt“ werden!

Wollen wir aber „abnehmen“ oder „sich Zeit für den Partner nehmen“, fällt es schwer, sich einen Ruck zu geben und anders zu essen, bzw. die Arbeit wegzulegen und sich auf den anderen zu konzentrieren. Durch einmal aufs Dessert verzichten, verliert man halt kein Gewicht. Und ein einzelnes Gespräch mit dem Partner stabilisiert auch keine Beziehung. Das funktioniert nur über einen längeren Zeitraum, und die Verbesserung ist auch nur sehr graduell wahrnehmbar.

Da muss schon ein weiterer triftiger Grund vorliegen, es trotzdem zu tun: Vielleicht kneift die Lieblingshose im Bund. Verändert sich da etwas zum Positiven spürt man es viel schneller. Oder der Partner war oft schlecht gelaunt, und es gelingt nun wieder häufiger, ihn zum Lächeln zu bringen. Die Anstrengungen werden also relativ schnell belohnt. Und das Belohnungssystem unseres Gehirns ist ein wesentlicher Faktor für Motivation!

Noch schwieriger wird es, wenn wir eigentlich keinen Nutzen für uns sehen – und nur ein anderer möchte, dass wir uns ändern.

Ohne eigenen Nutzen keine Veränderung!

Will uns unser vegetarischer Freund davon überzeugen, kein Fleisch mehr zu essen, weil es gesünder sei – wir uns aber wohl fühlen – wird eine dauerhafte Veränderung nicht stattfinden. Vielleicht bestellen wir uns vegetarische Mahlzeiten, wenn wir mit ihm ausgehen. Ohne ihn wählen wir jedoch die Fleischvariante.

Widerstände werden gemacht

Dasselbe passiert in Unternehmen: Ist der Nutzen für die einzelnen Mitarbeitenden nicht direkt spürbar, wird eine dauerhafte Veränderung nicht möglich. Natürlich können Zwangsmaßnahmen kurzfristig wirken. Sobald jedoch ein kleiner Freiraum entsteht, fallen die Menschen in altes Verhalten zurück.

Oft werden durch Druck Widerstände erst produziert. Sie sind dann oft gar nicht gegen das Veränderungsprojekt an sich. Vielmehr wenden sie sich gegen die Vorgehensweise oder das Fehlen bzw. die Art der Kommunikation zu seiner Notwendigkeit.

Erfolgreiche digitale Transformation muss direkte Verbesserung für die Mitarbeitenden bringen

Wenn Prozesse, Anwendungen oder Arbeitsschritte digitalisiert werden, muss also eine Verbesserung für die Menschen, die nun so arbeiten sollen, sofort spürbar sein. Die Verbesserung ist dann nämlich der ganz konkrete Nutzen für jeden und jede Einzelne!

Die entscheidende Frage für jedes Projekt digitaler Transformation ist also: „Welche unmittelbare Verbesserungen entstehen für die Menschen in ihrem Arbeitsalltag?“

Die Antwort muss dann im Zentrum der Kommunikation stehen, warum eine digitale Transformation jetzt sinnvoll und gegeben ist. Erst dann kann ein Transformationsprojekt Fuß fassen und erfolgreich werden!